26. August 2024
Das Glas Wasser zum Kaffee
Diesmal werfe ich einen Blick hinter eine viel diskutierte Tradition, die in Wiener Kaffeehäusern schon eine gefühlte Ewigkeit existiert: Ein Glas Wasser zum servierten Kaffee. Was für viele in Wien (und auch ganz Österreich) als eine Normalität gilt, hat viele übertragene Ursprünge. Lassen wir einige davon heute Revue passieren.

Lesezeit ca. 10 Minuten

Zunächst einmal: Kaffee – die Herkunft

Das Wort “Kaffee” stammt aus dem Arabischen. Die Region Kaffa in Äthiopien steht mit ihrem Namen Patin für unser heutiges Modegetränk und war schon jeher Heimat des Kaffeebaumes, der im Lateinischen “coffea” genannt wird.

Wir kennen vor allem die Sorten coffea arabica (Äthiopien), coffea liberalica (Liberia) und coffea stenophylla (Sierra Leone).

Der Konsum und die Verabreichung von Kaffee auch an Gäste war vor allem im Osmanischen Reich weit verbreitet. Aufgrund dessen Reichweite, sogar bis vor die Tore Wiens in Folge zweier historischer Belagerungen 1529 und 1683,  etablierte sich der Kaffeegenuss langsam auch in der westlichen Welt.

Die Praxis in der arabischen Welt

Im Osmanischen Reich lebten viele Völker und Nomadenstämme, bei denen  Kaffee eine Kostbarkeit war, die gerne Gästen kredenzt wurde. So sieht man dieses Reich gerne als Begründer der heutigen Kaffeekultur an.

Was allerdings kostbarer war als Kaffee, kann vor allem in Wüstengebieten rasch erkannt werden: Wasser.

Wasser war (bzw. ist) immer ein kostbares Nass. Vor allem in Gegenden, in denen man schon längere Zeit zur nächsten Wasserstelle benötigt, ist der Stellenwert eines Glas Wassers höher einzuschätzen, als man vielleicht zu denken vermag. Arabische Nomaden drückten somit mit serviertem Wasser ihren Gästen ihre besondere Wertschätzung aus.

Arabische Völker nutzen ein zum Kaffee gereichtes Glas Wasser auch dazu, erst den Durst zu löschen um danach den Kaffees genießen. Letzterer hatte eigentlich einen untergeordneten Wert gegenüber dem Wasser. Das Wasser diente außerdem dazu, den ausgetrockneten Mund durch die Befeuchtung wieder für andere Aromen zugänglich zu machen. Dies führte schlussendlich zum vollen Kaffeegenuss.

Nebenbei erwähnt diente diese gängige Praxis auch zum Enttarnen von Spionen der Kolonialmächte. Europäische Agenten waren mehr vom Kaffee angetan und genossen diesen vor dem Wasser. Die beendete deren Auftrag meist frühzeitig. Was danach mit diesen Personen geschah, kann man sich bildlich vorstellen.

Kaffeehauskultur – vom Osmanischen Reich in die westliche Welt

Das erste Kaffeehaus wurde im 16. Jahrhundert in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul eröffnet. Sogar im ungarischen Buda (westlich der Donau gelegen und mit Pest, östlich der Donau das heutige Budapest), das damals unter osmanischer Herrschaft stand, gab es ein solches.

Nach der zweiten Belagerung Wiens etablierten sich langsam, aber doch auch Kaffeehäuser in Wien, genauso wie in Venedig, Marseille, Hamburg, Paris und London. Ein Einfluss, den man dem Adel, der Diplomatie – waren doch Botschafter zahlreicher europäischer Staaten im Osmanischen Reich – und auch zahlreichen armenischen Kaufleuten zuschreiben kann.

Kaffee im kaiserlichen Wien

So wurden ab dem 17. Jahrhundert im Kaisertum Österreich vor allem in Wien Kaffeeschankprivilegien verliehen. Ab dem 18. Jahrhundert etablierte sich in Wien eine regelrechte Kaffeehauskultur.

Die Entwicklung der Wiener Kaffeesieder setzte sich über die Jahrhunderte hinweg bis in unsere Zeit erfolgreich fort und etablierte viele verschiedene Kaffeespezialitäten, die teils sogar einen Siegeszug um die ganze Welt angetreten haben.

Doch was hat es jetzt mit dem Glas Wasser bei unseren Kaffeespezialitäten auf sich? Eine Tradition, die in vielen Kaffeenationen besteht.

Österreich gilt hier nicht als einzige Paradenation. Auch Frankreich, Italien oder Griechenland servieren häufig Wasser zum Kaffee. In Griechenland z.B. wird mit dem beliebten Frappé – so habe ich es im Land meiner Mutter regelmäßig erlebt – immer ein Glas bzw. überhaupt Wasser mit Eis dazu serviert. Die Zeit, die man in einem Lokal verbringt scheint schier unendlich und man streckt seine Erfrischung gerne mit einem Schluck Eiswasser um den Aufenthalt etwas zu verlängern, während man angeregte Gespräche führt (sowie ein Päckchen Zigaretten dazu vernichtet.) und die Passanten beobachtet.

Wir kennen bereits die bei arabischen Völkern gelebte  Gepflogenheit das Wasser für den Durst und den Kaffee für den Genuss zu konsumieren.

Wie war das aber bei uns in der Kaiserstadt Wien?

Hier gibt jetzt es mehrere Geschichten, die kursieren. Ich möchte ein paar davon kurz beleuchten:

1. Das Glas Wasser für den benutzten Löffel

War Kaffee anfangs dem Adel vorbehalten, kann man unweigerlich daraus folgern, dass auch Fragen der Etikette damit verbunden sind. D.h., dass man einen zum Umrühren benutzen Löffel selbstverständlich nicht in der Öffentlichkeit abschleckt, sondern – so heute – nach Gebrauch neben der Tasse auf den Unterteller legen sollte.

Doch das war zu damaligen Zeiten auch unvorstellbar, da man in Kaffeehäusern keine damals üblichen Löffelbänkchen, auf denen der gebrauchte Löffel abgelegt wurde, mitservierte. So erfanden Kaffeesieder den Trick mit dem Wasserglas, in das man den benutzten Löffel einfach hineingeben konnte.

2. Das Glas Wasser als Qualitätsmerkmal

Wiener Wasser war zu Beginn der Kaffeehauskultur im Regelfall schmutzig. Es musste vor Gebrauch abgekocht werden und hatte mit dem uns heute bekannten (Wiener Hochquellen-) Trinkwasser rein gar nichts zu tun. Das kristallklare Wasser diente dazu den Gästen zu zeigen, dass man mit sauberen Wasser arbeitete und stellte sich somit ein Qualitätszeugnis aus.

Nebenbei bemerkt führte die Verwendung von klarem Wasser dazu, dass sich die Kaffeesieder untereinander um nichts nachstehen wollten und für eine eigene Wasseraufbereitung in der Kaiserstadt sorgten. So sagt man, dass Wien im Laufe der Zeit, alleine wegen den Wiener Kaffeesiedern als eine der ersten Städte sauberes Trinkwasser für die Bevölkerung erhielt.

3. Wasser zum Kaffee für die minderbegüterten Gäste

Auch hier war es eine anscheinend von den Kaffeesiedern eingeführte Art und Weise der Bewirtung, die für die frühen Gäste von Kaffeehäusern erschaffen wurde. Künstler und Studenten wollten ebenfalls ihren Kaffee genießen, haben aber aufgrund ihrer Einkommenssituation einen Kaffee über mehrere Stunden lang konsumiert. Um diese Zeit auch auszufüllen, servierte man diesen Gästen ein Glas Wasser dazu.

Heutige Aspekte

Der Mythos, Kaffe sei dehydrierend und das Glas Wasser würde dem entgegenwirken ist schon lange widerlegt worden. Grund dafür war die harntreibende Wirkung von Koffein, die diese Vermutung aufkommen ließ.

Das Glas Wasser hilft allerdings, wie eingangs bei den arabischen Gepflogenheiten erwähnt, den Kaffeegenuss zu steigern, da beides getrennt voneinander getrunken wird. Wasser reinigt den Mund von Fremdaromen und verdünnt im Magen den Kaffee.

Dies wiederum führt dazu, dass die durch Kaffee verusachte verstärkte Produktion von Magensäure gebremst wird und der Kaffeegenuss auch ein solcher bleibt.

In Griechenland (siehe oben) wird Wasser ebenfalls dazu genutzt, um den Aufenthalt im Lokal zu verlängern. Auch das kann mit dem Glas Wasser bei einigen unserer Kaffeespezialitäten passieren: Sie werden sprichwörtlich “verlängert”. Zu starker Kaffee wird somit für viele angenehmer zu trinken und erhält im Gegensatz zu Milchprodukten keine zusätzlichen Kalorien.

Sidefacts

Wie im Osmanischen Reich etablierte sich aufgrund deren langer Herrschaft auch in Griechenland eine besondere Kaffeekultur. Ähnlich dem heute bekannten Türkischen Kaffee, bzw. dem Mokka (benannt nach der jemenitischen Hafenstadt al-Muchā “Mokka” am Roten Meer), ist die Zubereitung des Griechischen Kaffees ident. Da sich aber auch hier einige Mythen um einen tatsächlichen Unterschied ranken gibt es einen davon, den ich hier erwähnen möchte:

Da der Erwerb von Kaffee den Griechen untersagt wurde, diese aber auch in den Genuss des Getränks kommen wollten, haben in den Kaffeemühlen arbeitende Sklaven den bei der Produktion anfallenden Kaffeestaub bei der abendlichen Reinigung eingesammelt und für den Kaffeegenuss mitgenommen. Somit gab es den Unterschied, dass ab dieser Zeit Griechischer Kaffee, im Gegensatz zum Türkischen Kaffee, mit viel feiner gemahlenem Kaffee gekocht wurde und weiterhin auch wird. 

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